Wer ist Burkard Huwiler?
Mit einem Empfehlungsschreiben im Sack und dem festen Willen der Missionsgesellschaft der Weissen Vätern beizutreten und in Nordafrika sein Studium fortzusetzen, verliess der 20jährige Burkard im Mai 1888 seine Heimat. Ohne Abschluss der Stiftsschule Einsiedeln und trotz heftigem Widerstand seiner Eltern zog er sein Vorhaben durch, reiste nach Rom, von dort gings mit seinem künftigen Oberen weiter ins heutige Algerien. In Karthago, bei den Weissen Vätern begann er sein Theologiestudium, später trat er dieser Missionsgesellschaft bei und wurde 1893 zum Priester geweiht. Bevor er 1897 zum ersten Mal nach Ostafrika reiste, durfte er einen Heimaturlaub erleben, die Bedenken seiner Eltern waren nun widerlegt. Auf mühsamen Wegen mit vielen Abenteuern erreichte er das Gebiet von Bukoba am Victoriasee (Ostafrika) und Burundi. Nach drei Jahren kehrte er krank und geschwächt nach Europa zurück. Kaum erholt bereiste er Europa als Propaganda-Beauftragter, predigte und sammelte Geld für seine Missionsgesellschaft. 1907 reiste er wieder in die Gegend des Victoriasees und gründete bald erste Missionsstationen in Bukoba. Krankheiten und Unfälle liessen ihn persönlich nie an seinem Auftrag als Verkünder der Frohen Botschaft zweifeln. Seine Oberen nahmen ihn als initiativen und anpackenden Ordensmann wahr, sie übertrugen ihm verschiedene Aufgaben in Diözesen in Ostafrika und in der Missionsgesellschaft. Im Jahre 1929 wurde er zum apostolischen Vikar (Bischof) von Bukoba geweiht. In seiner Heimat wurde in der Presse viel über sein Wirken geschrieben. Während seinem letzten Heimaturlaub im Jahre 1936 weihte er unter anderem die renovierte Pfarrkirche St. Goar in Muri ein. 1948 legte er sein Bischofsamt nieder, er wurde fast blind und starb am 1. Oktober 1954 in Kashozi im heutigen Tansania, er wurde dort beerdigt.
Seine Jugendzeit
In der Familie des Gemeindeammanns Huwiler in Buttwil muss ein Brief in der Weihnachtszeit 1887 wie der Absturz des Weihnachtssterns auf das Haus gewirkt haben. Sohn Burkard, 19jähriger Student an der Stiftsschule Einsiedeln, eröffnete seinen Eltern, dass er sein Studium abbrechen werde und in Afrika weiterstudieren wolle und dort einer Missionsgesellschaft beitreten werde. Unter Tränen schrieb ihm seine Mutter in der kalten Silvesternacht einen eindrücklichen Brief und versuchte ihn umzustimmen. Afrika war ihr völlig unbekannt. Sie schrieb von einem dunklen, gefährlichen Kontinent, voller wilder Tiere, von Europa durch ein Meer getrennt. Die Mutter, die schon vier Kinder verloren hatten, glaubte ihren Sohn später nie mehr lebend sehen zu können. Am Dreikönigstag schrieb ihm dann sein Vater zurück und wog Für und Wider dieses Entscheids ab und erklärte ihm klar, dass er alleine die Verantwortung für sich und sein Tun zu tragen habe. Die Hoffnung Burkard später wieder als Priester daheim erwarten zu können, dürfte der Grund für diese eher ausgewogene Antwort gewesen sein.
Von Buttwil via Rom nach Afrika
Um kein Aufsehen zu erregen, reisten Burkard und sein Freund in der Frühe des 8. Mai 1888 von Buttwil ab, vorerst nach Rom. Dort trafen sie mit Unterstützung des Kommandanten der Schweizergarde Kardinal Lavigerie, den Gründer der Weißen Väter. Per Schiff gelangten sie nach Algier, wo sie als erste Schweizer am Seminar der Missionsgesellschaft studieren konnten. Sein Freund Pfyffer stieg bald aus und reiste in die Schweiz zurück. Burkard bestand diesen Kurs, trat der Missionsgesellschaft bei, schloss sein Theologiestudium in Algier erfolgreich ab und wurde im Juli 1893 in der Kathedrale von Karthago (Tunesien) zum Priester geweiht. Mit grosser Freude hatte er, fern seiner Heimat, sein erstes Ziel erreicht. Statt sofort als Missionar nach Afrika reisen zu dürfen, wurde er vorerst nach Europa geschickt, als Vortragsreisender musste er in Deutschland, Österreich und in der Schweiz die Arbeit seiner Missionsgesellschaft in Priester¬seminaren, Städten und Pfarreien bekanntmachen. Nach sechs Jahren Abwesenheit konnte er seine Familie wiedersehen.
Aufbruch ins Innere von Afrika und zurück
Im Oktober 1896 endlich, befreit von seinen Bettelreisen, erhielt er aus Algier seine Ernennung nach Ostafrika und er begann sein abenteuerliches Leben. Nach langer Schiffsfahrt traf er in der ostafrikanischen Hafenstadt acht weitere Missionare. Eine Karawane mit mehreren hundert Trägern wurde sorgfältig zusammengestellt. Es mussten alle notwendigen Mittel für jahrelanges Arbeiten beschafft und transportfähig gemacht werden. Die Karawane zog auf mühsamen Fussmärschen ins Landesinnere und erreichte nach über zwei Monaten das Gebiet des Viktoriasees. Alle waren müde und geschwächt. Pater Burkard erkrankte nach all den Anstrengungen an Malaria und Folgekrankheiten und musste sich mehrere Wochen lang erholen. Danach konnte er auf einem Missionsposten die Arbeit aufnehmen und die Sprache der einheimischen Bevölkerung erlernen. Doch seine Gesundheit war angeschlagen und er wurde als tropenuntauglich nach Algier zurückgeschickt. Nachdem er sich erholt hatte, wurde er wieder als Prediger nach Europa geschickt, denn die Missionierung Afrikas brauchte finanzielle Mittel.
Afrika lässt nicht los
Einigermassen erholt durch die Heimatluft, bat er seine Oberen inständig, ihn wieder nach Afrika ziehen zu lassen, zu seiner ursprünglichen Berufung als Missionar, aus Liebe zu Gott und den Afrikanern. Im März 1904 reiste er per Schiff in die ostafrikanische Hafenstadt Mombasa, denn in der Zwischenzeit war eine Bahn über Nairobi (Kenia) bis zum Viktoriasee gebaut worden, die Anreise war nun einfacher. Nun begann für Burkard eine fruchtbare, jahrzehntelange Periode seines Schaffens. Bald wurde er ins damalige Deutsch-Ruanda entsandt, wo er die Leitung einer neugegründeten Mission übernehmen musste, seine Muttersprache erleichterte ihm die Kontakte mit den Behörden. 1910 wieder an das Nordwestende des Viktoriasees zurückgekehrt, gründete er eine Missionsstation, die ihm später sehr lieb geworden ist: Bukoba. Der Bischof erkannte sein Organisationstalent und entsandte ihn ans Südende des Bukobasees, wo er nun als Generalprokurator einer großen Diözese wirkte. Er hatte für die Finanzen und alle materiellen Belange einer Diözese zu sorgen. In dieser Tätigkeit hatte er umfangreiche Korrespondenz zu erledigen. Weil aber seine Handschrift schlecht lesbar war, beschaffte ihm der Bischof eine Schreibmaschine und nun konnten auch die Verwandten im Freiamt seine Briefe besser lesen. In seiner neuen Aufgabe musste er viel reisen, die Missionsstationen besuchen und sich um deren Unterhalt bemühen. Um 1921 konnte er wieder an seine erste Seelsorgestelle in Bukoba zurückkehren. Nun konnte Burkard sein handwerkliches Talent einsetzen und baute Schulhäusern, Kapellen und Krankenstationen. Auch seine mechanischen Fähigkeiten setzte er ein, sein Motorrad pflegte und reparierte er immer selber. Seine Sprachkenntnisse musste er laufend erweitern, denn die Engländer waren nach dem 1. Weltkrieg die neuen Herren in Ostafrika geworden.
Neue Aufgaben
Im Frühjahr 1926 entsandten ihn seine Mitbrüder nach Algier zum Generalkapitel der Missionsgesellschaft, anschließend konnte er endlich wieder, nach 22 Jahren ununterbrochener Arbeit am Äquator, seine Heimat und seine Angehörigen besuchen. Aber in Algier hatte er durch seine aktive Teilnahme an Treffen mit der Leitung der Missionsgesellschaft tiefen Eindruck gemacht, dass er nach seiner Rückkehr die Verantwortung für mehrere Missionsgebiete in Ostafrikas übernehmen musste in einem Gebiet, mehrmals so groß wie die Schweiz. Wieder war er auf einsamen Pfaden unterwegs, er musste seine Leute motivieren und Entscheide fällen. Das Reisen auf seinem Motorrad war gefährlich. Oft war er krank und ohne Kraft, einmal wurde er auf einer Reise bewusstlos unter dem Motorrad aufgefunden, er war verunfallt und zog sich einen Beinbruch zu, er wurde mehrere Wochen gepflegt, der Bruch heilte und er wurde wieder gesund. Später wagte er nicht mehr ohne einen Begleiter in abgelegene Gegenden zu reisen.
Sein Lebenswerk
Die Oberen erkannten wie die Missionare Pater Burkard, seine väterliche und zielbewusste Leitung und sein großes Engagement schätzten. Infolge guter Entwicklung dieser Missionsgebiete wurden nun Diözesen geteilt und dabei das neue apostolische Vikariat Bukoba geschaffen. Die Missionare konnten ihre Vorschläge für einen zukünftigen Oberhirten abgeben. Und es ist nicht verwunderlich, dass sie ihren Regionalobern Pater Burkard wünschten. So ernannte im März 1929 Papst Pius XI. Burkard Huwiler zum Titularbischof und apostolischen Vikar von Bukoba, eine totale Überraschung für den 61jährigen. Er schrieb seiner Familie, dass er gern heim gekommen wäre für die Bischofsweihe, doch die vielen Aufgaben in seiner neuen Diözese verhinderten eine damals noch zeitraubende Reise nach Europa. So erhielt er am 14. Juli 1929 die Bischofsweihe auf jenem Missionsposten, den er vor 20 Jahren gegründet hatte. Es war ein Freudenfest für die Christen, aber auch englische Kolonialbeamte und Stammeshäuptlinge feierten mit. Seine Diözese am Westende des Victoriasees war fast so groß wie die Schweiz.
Seine dringendsten Aufgaben sah er in der Errichtung von Schulen verschiedener Stufen für die Jugend, in der Verkündigung der christlichen Botschaft im Volk, in der Ausbildung eines tüchtigen afrikanischen Klerus in den Seminaren und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung zum Wohl der Bevölkerung. Er betrieb Entwicklungshilfe, bevor in Europa dieser Begriff bekannt war, dazu hatte er nur sehr bescheidene finanzielle Mittel. Trotz weiteren Krankheiten konnte er nun seine Pläne umsetzen, er baute Schulen und Krankenstationen. Er gründete im Jahre 1933 den Orden der «St. Therese Sisters of the Child Jesus», heute engagieren sich über 400 afrikanische Schwestern dieses Ordens in mehreren Gegenden des Landes in Diakonie und Caritas. Auch die Ausbildung von staatlich anerkannten einheimischen Lehrerinnen und Lehrern lag ihm am Herzen.
Gefeiert in der Heimat
Im Jahre 1936 nahm er wieder am der Versammlung der Gesellschaft in Algier teil, eine Gelegenheit, um noch einmal seine Heimat zu besuchen. Er wurde in Muri mit feierlichem Glockengeläute empfangen, er war ein gern gesehener Prediger an Kirchenfesten und er benutzte diese Anlässe, um finanzielle Mittel für seine arme Diözese zu sammeln. Er war aber auch ein gefeierter Besucher an politischen Anlässen und traf sich mit hohen Politikern der Schweiz. In seiner Heimatpfarrei Muri konnte er am Bettag die frisch renovierte Pfarrkirche St. Goar einweihen.
Im November 1936 reiste er wieder nach Ostafrika zurück, im Bewusstsein, dass er seine Heimat wohl nie mehr wiedersehen werde. Während des zweiten Weltkrieges war der Verkehr mit Europa wieder unterbrochen, er litt an Mangel: keine neuen Missionare konnten einreisen, finanzielle Mittel waren blockiert und der Warenverkehr war gesperrt. Langsam nahmen die Kräfte des Oberhirten ab und er bat die kirchlichen Oberen um einen Nachfolger, erst mit 79 Jahren konnte er sein Amt niederlegen.
Burkard Huwiler starb mit 86 Jahren
Bischof Burkard Huwiler durfte nach 54 Jahren Arbeit in Ostafrika auf ein volles Maß an Arbeit für die Kirche zurückschauen. Die Zahl der Christen hatte sich vervierfacht, einheimische Priester und Bischöfe haben Verantwortung übernommen. Aus ihrem Kreis stammte auch der erste schwarze Kardinal der katholischen Kirche, Bischof Laurean Rugambwa. Am 2. Juli 1953 konnte Burkard sein diamantenes Priesterjubiläum feiern. Seine Kräfte nahmen schnell ab und er wurde fast blind. Sein Neffe, Johann Huwiler, pflegte ihn bis zu seinem Tode am 1. Oktober 1954. Er wurde in seinem geliebten Bukoba beigesetzt.
Lebenslauf von Burkard Huwiler
1868 | 7. April, in Buttwil AG geboren |
1875 | Eintritt in die Primarschule in Buttwil |
1882 | Übertritt in die Bezirksschule Muri |
1886 | Eintritt in die Stiftschule Einsiedeln |
1888 | Eintritt bei den Weissen Vätern (Père Blanc, französischer Orden) in Karthago (Tunesien) |
1893 | Priesterweihe in Karthago |
1897 | 1.Reise ins Innere Afrikas in die Gegend des Viktoriasees |
1900 | kehrt krank nach Europa zurück, wird medizinisch als tropenunfähig beurteilt |
1901 – 1904 | Propaganda- Beauftragter, er hält Vorträge und sammelt Geld für die Missionsgesellschaft in Frankreich, Luxenburg, Deutschlanf, Frankreich, Schweiz |
1904 | 2. Reise in die Gegend des Viktoriasees, Versetzung nach Uganda |
1907 | wird Generalprokurator von Mwanza (Deutsch-Ostafrika) |
1910 | gründet die erste Missionsstation in Bukoba |
1920 | wird Stellvertreter des Bischofs von Süd-Nyanza |
1926 | nimmt als Delegierter am Generalkapitel der Weissen Väter in Frankreich teil, erholt sich in seiner Heimat und kehrt im Herbst als Regionaloberer nach Bukoba zurück (3. Reise) |
1929 | wird am 14. Juli zum Bischof geweiht, wird apostolischer Vikar (Bischof) von Bukoba |
1936 | Aufenthalt in der Schweiz, weiht die Pfarrkirche St. Goar in Muri, wird als Missionspionier in der Schweiz gefeiert, kehrt im Spätherbst nach Bukoba zurück (4. Reise) |
1948 | legt sein Amt nieder und zieht sich nach Kashozi, in der Nähe von Bukoba, zurück |
1953 | 2. Juli, feiert sein diamantenes Priesterjubiläum (60 Jahre) in Bukoba, er ist fast blind |
1954 | stirbt am 1. Oktober und wird in Kashozi beigesetzt |